Borussia Dortmund: Vieles steht auf dem Prüfstand

Bei Borussia Dortmund ist vieles in Bewegung geraten, der einstige Hochfrequenzfußball der Schwarz-Gelben ist dennoch erlahmt. Was demütigt wohl am meisten: Die mit 0:6 höchste Niederlage seit 27 Jahren? Der Hohn der Bayern-Fans: „Ihr seid schlechter als der HSV?“ Oder dass der Gegner Mitleid hat, wie Thomas Müller, der dem BVB wünscht, wieder in die Spur zu kommen, und dem es ein bisschen weh tut, „dass die Verunsicherung zu spüren war“?

Peter Stöger

Borussia Dortmund, als Tabellendritter immerhin Aspirant für die Königsklasse, ist vom ebenbürtigen Titelentreißer zum Champions-League-Aufwärmpartner geschrumpft. Weshalb die Medienlandschaft von Umbruchdimensionen fabuliert, die gar nicht groß genug sein können. Beim BVB steht vieles auf dem Prüfstand, erst recht, wenn Matthias Sammer unter jedes Steinchen blicken wird. Kurz vor dem Debakel in München hat er bestätigt, als externer Berater für den Verein tätig zu werden, mit dem er als Spieler Königsklasse, Weltpokal und Meisterschaft gewann und als jüngster Meistertrainer in die Bundesliga-Geschichte einging. Die Erwartungen gleichen denen seiner Zeit als Sportvorstand beim FC Bayern: gnadenlos und messerscharf analysieren, wo Handlungsbedarf besteht.

Dass Berichterstatter wie Verantwortliche – 3:0-Traumatherapie gegen den VfB Stuttgart hin oder her – einen solchen vordringlich auf der Trainerbank erkannt haben, ist allgemeiner Tenor. Peter Stöger ist nach seinem Aus beim 1. FC Köln umgehend bis zum Saisonende verpflichtet worden, um ein verunsichertes Team zu stabilisieren. Der BVB war unter dem Niederländer Peter Bosz furios an die Ligaspitze gestürmt, dann allerdings nach nur drei Punkten in acht Partien auf Platz sieben verweht worden. Stögers Wellnesskur schlug an, er blieb zwölf Spieltage ungeschlagen, aber den angriffslustigen Fußball schuldig, dessen sich die Protagonisten bei Schwarz-Gelb rühmen.

Anders wäre die Enttäuschung im internationalen Wettbewerb kaum zu erklären. Ohne Sieg in der Königsklasse in die Europa League gerutscht, hangelte sich der BVB glücklich gegen Atalanta Bergamo durch, ehe ihn nach uninspirierter Vorstellung das Aus gegen den FC Salzburg ereilte. In Addition mit der Achtelfinal-Pleite im DFB-Pokal gegen den FC Bayern bedeutet das: Borussia Dortmund steht am Ende der Saison titellos da.

Am Ende von Stögers Engagement im Sommer zweifelt niemand mehr, wohl noch nicht einmal der Österreicher selbst, der nach dem 0:6 meinte: „Man muss schauen, welche Rädchen man drehen muss – das sind meiner Meinung nach nicht nur Rädchen, sondern ein paar Räder.“

Während Beobachter allerlei Namen von Lucien Favre (OGC Nizza) über Niko Kovac (Eintracht Frankfurt) bis Marco Rose (FC Salzburg) oder David Wagner (Huddersfield Town) über die Trainerbank jagen, haben sie allerdings auch Dringlichkeit erkannt, beim kickenden Personal durchzulüften. Sebastian Kehl, Kapitän des meisterlichen und damit maßstäblichen Klopp-Teams, wird Leiter der Lizenzspielerabteilung. Im Doppelpass mit Sammer soll er Disziplinlosigkeiten der Profis den Garaus machen und die Dortmunder wieder mit der Mentalität ausstatten, die sie auszeichnete, als die Bayern noch mehr Respekt vor ihnen hatten.