Hamburger SV: Leckgeschlagen

Für den Hamburger SV geht es in den verbleibenden Spielen um den Klassenerhalt. Selbst der direkte Abstieg des Bundesliga-Dinos ist noch möglich.

Nach zwei Relegations-Teilnahmen freuten sich die Anhänger im vergangenen Mai über eine wohltuende Ruhe rund ums Volksparkstadion. Platz zehn weckte gar Vorfreude auf die neue Saison, gepaart mit einem verträumten Blick auf die einstelligen Tabellengefilde. Doch der Herbstwind pustete Hamburg zurück in die raue Realität: Zwölf Spieltage lang blieben die Rothosen ohne Sieg, erst am 4. Dezember platzte mit dem 2:0-Erfolg beim SV Darmstadt 98 der Knoten. Trotz teurer Zugänge wie Filip Kostic, Bobby Wood oder dem schnell wieder abgereisten Missverständnis Alen Halilovic umwehte der Abstiegskampf einmal mehr die Elbe. Dies dann doch ein Fall von Verlässlichkeit, allerdings unerwünscht.

Dem typischen Hanseaten werden Bescheidenheit, Selbstbewusstsein, Verlässlichkeit und Vernunft nachgesagt. Der Hamburger SV jedoch passt, gefangen in seiner schon chronisch kritischen Situation, schwerlich in diese Schublade.

Dass Chef-Trainer Bruno Labbadia, der den HSV erst im Mai 2015 durch die Relegation gerettet und anschließend ins Bundesliga-Mittelfeld geführt hatte, bereits nach fünf Spieltagen Markus Gisdol weichen musste, schien effektlos zu verpuffen. Mehr als zwei Monate wartete der neue Coach auf den ersten Dreier. Im Dezember stieß dann Heribert Bruchhagen dazu. Nach nur wenigen Monaten als TV-Experte bestieg der ehemalige Vorstandsvorsitzende von Eintracht Frankfurt die Kommandobrücke, um die Hamburger wieder auf Kurs zu bringen.

Tatsächlich legte sich der Sturm. Das Volksparkstadion geriet in der Rückrunde zur Festung, die Bayer Leverkusen, Hertha BSC, Borussia Mönchengladbach, der 1. FC Köln und 1899 Hoffenheim allesamt als Unterlegene verließen. Der HSV schob sich vor auf Rang 13 und belohnte seinen Trainer mit einem neuen Arbeitspapier – doch ausgerechnet im Nordderby bei Werder Bremen (1:2) und dem folgenden Heimspiel gegen den SV Darmstadt 98 (1:2) ist der Tanker leckgeschlagen. Ein herbes 0:4 beim Nichtabstiegs-Konkurrenten FC Augsburg ließ den sicheren Hafen wieder in weitere Ferne rücken.

Gisdol reagierte mit symbolträchtigem Deckschrubben und warf mit Johan Djourou, Nabil Bahoui und Ashton Götz drei vermeintliche Leichtmatrosen über Bord. Er wolle mit der Suspendierung die Kräfte bündeln, was beim Abstiegsduell mit dem punktgleichen 1. FSV Mainz 05 indes nicht die erhoffte Wirkung zeigte. Der HSV agierte wie gelähmt von der Angst abzurutschen und vergab mit einer wackeligen Nullnummer die Möglichkeit, Rang 16 den Rheinhessen zu überlassen. Zwei Spieltage vor der Endabrechnung ist einmal mehr rein gar nichts sicher. So müssen die Hamburger auf Mainzer Verluste hoffen, um die dritte Relegation in Folge verhindern zu können, und selbst der FC Ingolstadt auf Platz 17 kann die Hanseaten rein rechnerisch noch in die Tiefe reißen.

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